Redensart/Redewendung
etwas (Streit, Krieg u.ä.) vom Zaun brechen
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Bedeutung
etwas absichtlich herbeiführen/heraufbeschwören, mutwillig herausfordern, plötzlich und für die Gegenseite unerwartet anfangen
Herkunft
Früher hatte etwas vom Zaun brechen die friedfertigere Bedeutung sich etwas ohne Mühe beschaffen (können). Es gab Zäune in Hülle und Fülle und somit auch keinen Mangel an Gelegenheiten, sich mit Stöcken, Latten und was sonst noch für Einfriedungen verwendet wurde zu versorgen. Erst im Laufe der Zeit wandelte sich die Redewendung zur Streittreiberin. Anscheinend gab es viele handfeste Auseinandersetzungen aus nichtigem Anlass, aber mit schlagenden Argumenten, bei denen Zaunteile zu Hilfe genommen wurde, um den eigenen Ansichten Nachdruck zu verleihen – und die dann auch einen sprachlich bleibenden Eindruck hinterließen. Sowohl in der veralteten als auch in der uns bekannten Bedeutung wird darauf angespielt, dass es weder viel Zeit noch große Mühen kostete, einen Stock aus den allgegenwärtigen Holzzäunen zu brechen.
Die Redensart lässt sich schon für das beginnende 16. Jahrhundert nachweisen, bspw. beim damals sehr bekannten Prediger Geiler von Kaysersberg („sie brechen etwan ein ursach ab eim zaun“).[1] Auch Martin Luther verzeichnet die Wendung in seiner Sprichwörtersammlung („Eine sache von eim alten zaun brechen“).
Womöglich bedarf es einer Klarstellung, was wir uns unter Zaun vorzustellen haben. Falls Sie gerade ein Bild eines typischen deutschen Kleingartens mit einem selbstverständlich frisch gestrichenen und erdbebenfest vernagelten Zaun vor Augen haben: Geben Sie diese Vorstellung auf! Bei den hier gemeinten, schon längst verrotteten Zäunen handelte es sich oft genug und gerade auf dem Lande um recht dürftige Ausführungen. Ein auch nur halbwegs gerader Stock war gut genug. Und kostbare, weil aus teurem Eisen vom Nagelschmied in Handarbeit hergestellte Nägel wurden für so etwas schon gar nicht verschwendet. (Siehe hierzu das Stichwort Nagel ganz unten.)
Eine weitere vom Zaun gebrochene Redensart lautet einen Wink mit dem Zaunpfahl geben bzw. mit dem Zaunpfahl winken
[1] Vgl. Röhrich, Lutz: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, 7. Auflage, Verlag Herder, Freiburg – Basel – Wien 2004, Bd. 3, S. 1760
Beispiele
„Wenn sie also keinen Streit vom Zaun brechen wollen, dann sollten sie so einen Mist erst gar nicht anfangen.“
„Mir hat mal jemand gesagt, mit Männern über 50 kann man keine Bäume mehr ausreißen und keine Revolutionen vom Zaun brechen, keine Kriege gewinnen.“
„Ich möchte hier keinen Streit vom Zaun brechen, habe aber das Gefühl, dass einige Leute den Hals nicht voll genug kriegen.“
„Bushs Rede unterstrich, dass seine Regierung in Kürze ein neues militärisches Abenteuer mit unabsehbaren Folgen vom Zaun brechen wird.“